Der Albtraum deiner Mutter #235: Über Sicherheit in Kolumbien

Roxy

Roxy

10.05.2018

Kaum ein Land hat einen schlechteren Ruf als Kolumbien. Spätestens seit der Serie Narcos meint jeder, das Land verstanden zu haben, obwohl er noch nie dort war. Überall kann man für einen Apfel und ein Ei Drogen kaufen und jeder zweite Passant ist Mitglied der FARC. Außerdem herrscht unregulierte Gewalt und keiner steuert dem entgegen. Du kannst Dir also die Begeisterung unserer Mütter vorstellen, als wir in Ecuador kurzerhand alle Pläne, in den Süden zu fahren, über den Haufen warfen, um Kolumbien zu besuchen. Das Land, das wir fanden, könnte dem eben gezeichneten Bild nicht unähnlicher sein und deswegen will ich es hiermit bald-Kolumbienreisenden leichter machen, ihren Eltern die Sorgen zu nehmen.

Vorurteil #1: Überall kann man Drogen kaufen

Klar. Kann man aber auch sonst überall auf der Welt, vermutlich sogar einfacher. Einziger Unterschied ist hier allerdings, dass sämtliche Kolumbianer, mit denen ich gesprochen habe, Drogen sehr negativ gegenüber stehen. Dies hängt stark mit der Geschichte des Landes zusammen, die unheimlich von Drogenkartellen gezeichnet wurde. Viele haben Familienmitglieder, die verschleppt wurden oder litten in anderen Weisen unter den Kartellen. Es ist also verständlich, dass zu dieser Vergangenheit Abgrenzung gesucht wird und der Ursprung des Übels abgestoßen wird. Denn, und das ist wirklich wichtig zu verstehen, die Drogen, die Kolumbien seinen schlechten Ruf brachten, wurden nicht für Kolumbianer produziert, sondern für den Rest der Welt. Tatsächlich sieht man auf der Straße nichtmal besonders viele Menschen rauchen, so distanziert verhält man sich zu dieser Thematik.

Vorurteil #2: Jeder zweite Passant ist Mitglied der FARC

Weit gefehlt. Seit dem Friedensabkommen des letzten Jahres hat dir FARC sämtliche Waffen abgegeben und im Gegenzug dafür das Recht bekommen, eine politische Partei zu formen. Diese trat in der diesjährigen Wahl an und scheiterte phänomenal. Kaum jemand wählte sie, was wahrlich keine Überraschung darstellte. Die Mehrheit der Bevölkerung distanziert sich aktiv und sehr bewusst von dieser Gruppierung. Die Veränderung, die dieses Land in den letzten Jahren erlebt haben muss, ist rasant. Touristenzahlen vervielfachen sich stetig, die Infrastruktur wächst rasend. Man weiß um die Bedeutung dieser Industrie und ist um jeden Menschen glücklich, der sich traut, Kolumbien trotz seines zwielichtigen Rufes zu besuchen.

Vorurteil #3: Es herrscht unregulierte Gewalt

Zwar ist es nicht ratsam, sich in Bogotá in der Nacht mit viel Geld in den Taschen durch die Straßen zu bewegen, doch abgesehen von ein, zwei Momenten hatten wir nie das Gefühl bedroht zu werden. Und in diesen taten wir genau das, doch niemand schaute uns schief an, das unangenehme Gefühl kam von uns und unserer Imagination. Das eine mal hatten wir (für uns) unheimlich viel Geld in allen möglichen Verstecken an unseren Körper verteilt um das Auto zu bezahlen, das andere mal fuhren wir in der Nacht mit dem Bus zurück zu unserer Unterkunft und mussten ein größeres Stück laufen, auch durch eine Gegend, vor der wir explizit gewarnt wurden. Hätten wir uns nicht bewusst in diese Situationen begeben, hätte ich mich in Kolumbien nicht ein einziges mal bedroht gefühlt. Zumal gibt es eine hohe Polizeipräsenz in Touristenvierteln. Die Polizei hat zwar ihren eigenen Ruf, doch die Polizisten, mit denen wir in Kontakt waren (aus verschiedensten Gründen) waren freundlich und korrekt. Auch sah ich auf den Straßen keine Gewalt oder war ihr in irgendeiner Form ausgesetzt. Ganz im Gegenteil, die Kolumbianer, die wir kennenlernen durften, waren durch die Bank interessiert, aufgeschlossen, hilfsbereit und schlicht bedingungslos liebenswert.