Radfahren in Südafrika
Mehrtagestouren auf dem Fahrrad, Fahrradurlaub, oder auch nur von einer Stadt in eine andere ohne Auto sei in Südafrika unmöglich, da viel zu gefährlich – so der übliche Kommentar zu meinen Plänen, mit dem E-Bike von Stellenbosch bis nach Tansania zu reisen. „Wenn du schon nicht überfallen wirst, dann wirst du wenigstens von einem rücksichtslosen Minibusfahrer krankenhausreif zusammengefahren.“ Ich hab’s trotzdem gewagt und nur positive Erfahrungen gemacht.
Doch von Anfang an. Das Fahrrad ist in Südafrika ein Sportgerät. Man macht mit dem Mountainbike Touren im Gelände auf gut angelegten Trails oder fährt mit dem Rennrad am Wochenende ein paar Kilometer auf der Straße rund ums Kap und immer in voller Montur mit entsprechender Sportkleidung und Helm. Dafür gibt es – zumindest am Westkap – viele sehr gut ausgestattete Bike-Shops, die alles vom neuesten Mountainbike, über Zubehör und Accessoires bis zu fachmännischem Service bieten. Diesen Sport können sich natürlich fast nur Weiße leisten. Höhepunkt der Sportradaktivitäten am Western Cape ist das jährliche, 108 km lange Radrennen rund um die Kap-Halbinsel, die Cape Town Cycle Tour, wo sich 35 000 Teilnehmer tummeln. Im Gegensatz zum übrigen Afrika hat sich das Fahrrad auch für die Schwarzen nicht als Transportmittel durchgesetzt, hier zwängt man sich lieber in Minibusse, auf die Transportflächen von LKWs oder geht zu Fuß.
Auf meiner Tour, auf den 2200 km Straße von Stellenbosch zur mosambikanischen Grenze, kam mir am Ost-Kap nur ein einziges Mal ein Fahrradfahrer entgegen, der in die nächstgrößere Stadt unterwegs war. Diese Ausnahmestellung als Radwanderer bietet aber Vorteile. So gab es trotz entsprechender Verbotsschilder keine Schwierigkeiten mit der Polizei, als ich auf der zur Autobahn ausgebauten N2 auf dem Seitenstreifen unterwegs war und auch im Nationalpark haben die Ordnungshüter nur freundlich gegrüßt. Die Straßeninfrastruktur in Südafrika ist ausgezeichnet, auch die Fernstraßen sind fahrradgeeignet, da sie fast alle über einen breiten Seitenstreifen verfügen. Diesen teilt man sich höchstens mit ein paar Glaskrümeln (ich habe noch nie so viel Glasbruch neben den Straßen gesehen wie in Südafrika) und seltenen Fußgängern. In der Nähe von Dörfern gibt es manchmal Verkaufsstände für lokales Obst und Gemüse, in den meisten Gegenden sind diese aber strikt verboten. Die touristische Infrastruktur, also Übernachtung und Verpflegung, war in den Provinzen Western Cape und KwaZulu-Natal großartig, im Eastern Cape musste ich dann etwas mehr vorausplanen, weil Backpackers, Hotels, B&Bs und Restaurants nicht so dicht gesät sind. Einen guten Anhaltspunkt für Übernachtungsmöglichkeiten bietet der kostenlose Backpacker Guide „from coast to coast“. Sehr kommunikativ waren die Stopps, um meine Batterie aufzuladen, ich musste dann immer mein Fahrrad erklären (E-Bikes sind in Südafrika nahezu unbekannt) und meine „verrückte“ Reiseroute. Dabei gab es eine Reihe intensiver Gespräche über das Land und berührende Begegnungen. So wurde ich „Brother“ (was normalerweise nur schwarzen Brüdern vorbehalten ist) und über meine Aussichten im Alter aufgeklärt: „Wenn du einmal Enkel hast, dann haben die keinen Großvater, der nur mühsam mit Stöcken gehen kann, [schauspielerische Einlage] sondern einen fitten.“
Highlights der Reise waren die Berge des Ost-Kaps und dann ganz im Norden die Lagunenlandschaft von Kosi Bay. Die Kosi Bay Casitas waren auch einer meiner nettesten Übernachtungsorte, ich hatte ein süßes kleines Häuschen mit Küche und Dusche für mich allein, für umgerechnet 15€. Etwas teurer aber auch sehr zu empfehlen, war die Buschbaby Lodge bei Hluhluwe, eine typisch südafrikanische Game Lodge, aber mit sehr netten Besitzern, gutem Essen (auch eher typisch – gut essen kann man fast überall im Land) und einem Game Reserve, das sich auch gut zu Fuß durchstreifen lässt.