Wie man ein Auto in Kolumbien kauft

Roxy

Roxy

11.10.2018

Bereits vor unserer Abreise war klar, dass wir früher oder später ein Auto kaufen wollen um Südamerika zu bereisen. Beide besaßen wir bereits für andere Langzeitreisen Autos und haben uns in die Freiheit, die man durch seine eigenen vier Räder geschenkt bekommt, verliebt. Als wir jedoch in Südamerika ankamen, mussten wir feststellen, dass ein Autokauf dort nicht so einfach ist, wie beispielsweise in Neuseeland und die Informationen, die man im Internet finden kann sich meist auf Chile beziehen, was das Hauptautoumschlagsland zu sein scheint. Da wir jedoch in Ecuador waren und in den Norden wollten, kam ein Abstecher nach Chile nicht in Frage. Wir wühlten uns also mit einer Menge Hilfe liebster Menschen durch den kolumbianischen Autokaufprozess. Hier kommt eine How-To Autokaufanleitung für Kolumbien.

1. Auto finden

Auf den ersten Blick der einfachste Schritt, doch tatsächlich kein banaler. Zwar kann man auf Seiten wie TuCarro eine riesige Auswahl finden, doch nicht alles was glänzt ist Gold. Erstmal wirst Du feststellen: Autos sind verdammt teuer hier! Und alt!! Allerdings bedeutet dies, dass sich um Autos viel besser gekümmert wird als in Deutschland. Oder vielleicht anders formuliert: es wird mehr repariert. Viel mehr. Autos werden also deutlich älter hier und sind trotzdem durchaus noch in gutem Zustand.

Um uns einen ersten Überblick zu verschaffen und die im Internet gefundenen Modelle mal in Echt zu sehen, ohne Besichtigungstermine ausmachen zu müssen fuhren wir am Wochenende zu einem Gebrauchtautomarkt in Bogotá – der Feria Automotriz. Das war ein Erlebnis sondergleichen! Riesige Parkplätze werden in einen Ausstellungsort verwandelt und ja, ich meine wirklich Parkplätze. Wir brauchten für den ersten bereits einige Stunden und waren dann wie erschlagen, als wir feststellten, dass noch mindestens fünf weitere Parkplätze mit zu verkaufenden Autos gefüllt sind. Zwischendrin sind kleine Grillstände aufgebaut und es wird Mittags schon das erste Bier geöffnet. Es ist ein Wochenendausflug. Wir hatten große Freude. Die Koordinaten für den „Flohmarkt“ kannst Du auf iOverlander finden, Adresse ist die Tv.93#63-49 (in der Nähe des Flughafens), relativ gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Wir sahen uns hier also fleißig um, maßen Autos aus, fuhren verrückte Autos probe und verschafften uns einen groben Überblick. Es soll erwähnt sein, dass wir von einigen Seiten gewarnt wurden, dass hier viele Autos angeboten werden, die geklaut sind. Hier also wirklich direkt zu kaufen ist nicht zu empfehlen.

Unser Auto fanden wir schlussendlich auf TuCarro und ließen es anschließend checken.

Generell solltest Du darauf achten, dass die Revisión Tecnomecanica (quasi der TÜV) und der SOAT (die Versicherung) aktuell sind und im besten Fall noch einige Zeit gelten und die Steuer für das laufende Jahr gezahlt ist. Alle drei sind Pflicht und müssen jährlich aktualisiert werden. Die Revisión Tecnomecanica kostet 181.000 Peso, die Höhe der Versicherung und die Steuer richten sich nach dem Automodell.

2. Auto vom Mechaniker checken lassen

Wirklich, mach das. Wir brachten ein Auto zum Mechaniker, das wunderbar aussah und wurden dann unterrichtet, dass es wohl einen enormen Unfall hatte und komplett restauriert wurde. Der Verkäufer hatte uns davon selbstverständlich nicht berichtet. Also, suche Dir einen guten Mechaniker, dem Du vertraust (auch unseren fanden wir auf iOverlander) und lass das Auto, für das Du dich interessierst anschauen. Wir trugen hierfür die Kosten von 100.000 Peso.

3. Auto von Interpol prüfen lassen

Auch dies ist ein wirklich zu empfehlender Schritt. Wie bereits erwähnt, man kann nicht wissen, ob ein Auto geklaut wurde oder nicht und wenn Du mit deinem neu erworbenen Auto an die Grenze kommst und sich dann herausstellt, dass es geklaut war, wird es einfach eingezogen. Aus der Traum. Um dies zu verhindern kannst du das Auto, für das Du Dich interessierst bei Interpol (oder wie die Stelle hier genannt wird: DIJIN) checken lassen.

Das Prozedere läuft folgendermaßen: Man komme zu den Öffnungszeiten und hoffe, dass ein kleiner mit Kopierer ausgestatteter Wagen vor dem Gebäude steht. Dort kann man mit etwas Serviceaufschlag eine Gebühr bezahlen, die man sonst nur, und wirklich nur, bei der Banco Popular bezahlen kann und zwar ausschließlich, wenn diese einen Schalter hat. Die nächste ist praktischerweise nicht um die Ecke, sondern einen ganze Weile durch den verrückten Stadtverkehr entfernt. Dort steht man dann lange, und ich meine wirklich lange, in einer Schlange, von der man nicht unbedingt weiß, ob es die Richtige ist. Zahle also lieber die paar Peso mehr, es spart Nerven, versprochen. Für das Papier, dass ihr dort ausgestellt bekommt braucht man die Personalausweisnummer des jetzigen Eigentümers sowie für den späteren Verlauf auch eine Kopie des Personalausweises. Solltest Du diese nicht dabei haben, gibt es in der Umgebung Kopiermöglichkeiten, oder aber Du lässt das gleich von dem Kopierwagen erledigen. Das Auto von Interpol prüfen zu lassen kostete uns 49.181,13 Peso (gezahlt bei der Bank direkt). Wir hatten es damals so verhandelt, dass der Verkäufer die Kosten trägt und falls Interpol feststellt, dass mit dem Auto alles in Ordnung ist, sprich weder geklaut, noch jemals in kriminelle Aktivitäten verwickelt und keine unbezahlten Strafzettel offen sind, wir die Kosten übernehmen.

4. SIM

Die Beamten des SIM können einige Dinge herausfinden, zum Beispiel, wer die vorherigen Eigentümer des Autos waren oder ob die Steuer für das laufende und die vergangenen Jahre gezahlt wurde. Beim Kauf müsstest Du diese nämlich nachzahlen. Im SIM wird tatsächlich das Auto auch gekauft. Hierfür musst Du Dich in deren System eintragen, was seit neuestem auch mit dem Reisepass geht, wodurch der Autokauf für Touristen sehr einfach wird. Bring einfach Deinen Reisepass und etwas Zeit mit. Du wirst nach einer Adresse gefragt, zu der Strafzettel geschickt werden können. Wir gaben die des Hostels an, in dem wir wohnten. War kein Problem.

5. Auto kaufen

Jetzt wird es spannend. Der Autokauf selbst ist sehr informell. Das Standardformular für einen Autokauf kannst Du in jedem Schreibwarenladen kaufen, zum Beispiel bei Panamerica. Kostet nicht viel. Dieses Formular ausfüllen, unterschreiben und mit einem Fingerabdruck des Käufers und des Verkäufers versehen. Außerdem müssen die Reisepässe beziehungsweise Personalausweise kopiert und beigelegt werden. Auch das Auto muss seine Daten hergeben, dass heißt, die Typenplakette, Motor- sowie die Fahrgestellnummer (Chassis) müssen mit einem Aufkleber und etwas Kohle „kopiert“ werden. Abgesehen von dem Kaufvertrag gilt es auch ein weiteres Dokument mit Informationen über das Auto auszufüllen. Dieses wird Dir im SIM ausgehändigt („Formulario de Solicitud de Trámites del Registros National Automotor“). Diese Papiere bringst Du dann ins SIM und hier wird es spannend. Tatsächlich darf nämlich nur eine Person pro Anfrage die Behörde betreten, es ist also nicht wichtig, dass Käufer und Verkäufer anwesend sind. Die Formulare haben wir in einem Café gegenüber der Behörde ausgefüllt. Im SIM muss noch eine Verkaufssteuer gezahlt werden, die sich an dem Autotyp berechnet. Insgesamt zahlten wir dem SIM 188.400 Peso für Steuer und Vorgangsgebühr. Diese Kosten teilten wir uns mit dem Verkäufer.

6. Warten

Nun heißt es warten, doch nicht zu lange. Eine Woche nimmt sich das SIM Zeit, alle Daten zu überprüfen und eine Trajeta de Propriedad auszustellen. Auf dieser ist das Modell, das Kennzeichen, der Name des Eigentümers und einige andere Dinge vermerkt. Alles hochoffiziell. Wir nutzten die Zeit und bauten in unser neues Heim ein Bett, Regale und machten es sonst reisetüchtig.

Weitere interessante Informationen zum Autokauf in Kolumbien und dem Reisen mit einem Auto in Südamerika

  1. In unserer Recherche fanden wir immer wieder Berichte über den Autokauf in Chile und die Eigenheiten, die sich mit dem Kauf dort ergeben, beispielsweise einer Einschränkung, wie lange man das Land mit dem Auto verlassen darf. Als wir Kolumbien verlassen mussten, weil unser Visa am auslaufen war, fragte ich also an der Grenze, ob es für das Ausführen eines kolumbianischen Autos zeitliche Einschränkungen gäbe. Der Grenzbeamte sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren und sagte dann, dass ich mit meinem Auto machen könne, was ich wolle. Tatsächlich gab es keine Probleme bei der Wiedereinreise acht Monate später.
  2. Für jedes Land, in das Du mit Deinem Auto einreist bekommst du an der Grenze eine temporäre Importerlaubnis (TIP). Dieses Papier solltest Du hüten wie deinen Augapfel. Es gibt scheinbar keine Chance, es wieder zu bekommen, wenn du es verloren hast. Wir haben also sicherheitshalber immer ein Foto gemacht. Wenn Du wieder ausreist wird das Papier gestempelt und Dir wieder abgenommen. Wir haben auch dieses Papier, Deutsch wie wir eben doch sind auch nochmal fotografiert, obwohl wir keine Ahnung hatten, wofür. Als wir irgendwann wieder in Ecuador einreisen wollten, lernten wir warum: an der kleinen Grenze mitten im Nirgendwo die nicht an das Internet und somit auch nicht an das System angebunden war, hatte man vergessen, uns als ausgereist zu vermerken. Wir kamen also Monate später wieder an der Grenze an und durften nach erster Auskunft nicht einreisen. Für uns war die Sache einigermaßen schnell erklärt, da wir ja entsprechende Stempel im Reisepass vorweisen konnten, doch für das Auto fehlte jegliche Dokumentation. In diesem Moment, nicht dass ich glaube, dass es oft passiert (doch man weiß ja nie), war das Foto von dem gestempelten TIP Papier Gold wert.
  3. Viele weitere nützliche Tipps für eine Reise mit dem eigenen Auto findest du hier und hier.