Sultan’s Trail – Weg des Friedens

Sarah

08.11.2018

Da standen wir also auf dem Stephansplatz in Wien. Es war bereits später Vormittag und viele Touristen schwirrten umher. Wir fühlten uns etwas verloren mit unseren Wanderschuhen und Backpackers. Vor uns lagen knapp 2200 Kilometer mit sengender Hitze, Regen, Blasen an den Füßen und schmerzende Schultern vom Gepäck – und doch konnte ich es kaum abwarten.

Der Stephansdom ist der Start des Pilgerweges. Auf einem Reiseportal las ich zufällig einen Bericht über den Sultan’s Trail und sofort wusste ich: Perfekt, das will ich auch. Die Anstrengungen einer solchen Reise kannte ich nur zu gut. Vor einigen Jahren pilgerte ich bereits auf dem spanischen Jakobsweg. Doch was an Erinnerungen bleibt sind nicht die Entbehrungen, sondern die prägenden Erfahrungen und die tollen Begegnungen. Bis heute zehre ich davon und ich sehne mich danach, erneut zu wandern und unterwegs zu sein.

Zusammen mit einer Freundin brachen wir ein paar Wochen später auf. Wir hatten nicht viel im Voraus geplant, denn einen Reiseführer gab es noch nicht, zudem war die Route ohnehin noch nicht komplett beschildert. Allerdings hatten wir uns von der NGO „Sultan’s Trail International“ die wichtigsten Informationen besorgt. Mit unseren Rucksäcken und einer Übersicht der Route ging es los.

Was der Stephansdom mit dem Sultan’s Trail zu tun hat, sieht man übrigens nicht – man hört es vielmehr: Für die Glocken des Doms wurden Kanonenkugeln aus der Zeit der türkischen Besetzung eingeschmolzen. Der Sultan Süleyman Kanuni, genannt „der Prächtige“, regierte von 1520 bis 1566 das Osmanische Reich. Unter seiner Herrschaft erreichte die geografische Ausdehnung ihren Höhepunkt. Teile Nordafrikas und Europas sowie der Nahe Osten standen unter seiner Herrschaft. 1529 begab er sich erstmals auf den Weg von Istanbul nach Wien. Doch auch bei dem zweiten Versuch 1532 gelang es seinem Heer nicht, die Stadt einzunehmen. 1566 starb der Sultan in Ungarn.

Im Gegensatz zu den einst kriegerischen Absichten ist der Weg heute ein Ort der friedlichen Begegnung von Menschen aller Glaubensrichtungen und Kulturen. Die Idee war es, eine Alternative zum überfüllten Jakobsweg zu schaffen und durch einen „Weg des Friedens“ den Osten und Westen Europas miteinander zu verbinden. Es ist bisher der einzige Fernwanderweg, der die Türkei mit anderen Ländern verbindet.

Wir hatten fünf Wochen Zeit, längst nicht ausreichend für den 2200 Kilometer langen Trail (die meisten Pilger planen für die gesamte Strecke drei Monate ein). Also entschieden wir uns dazu Teilstrecken zu trampen oder mit dem Bus zu fahren – ein vollständiger Pilgerpass reizte mich ohnehin nicht besonders. Ich fand es spannender, einen Weg zu begehen, der noch nicht vollständig beschildert ist und wo es nur selten Herbergen gibt. Wo kann man heutzutage schließlich noch ein Pionier sein?

Bevor ich in die einzelnen Reiseberichte starte vorab ein paar allgemeine Tipps und Infos zum Weg:

  1. Der Sultan’s Trail führt als Fernwanderweg durch Österreich, die Slowakei, Ungarn, Serbien, Bulgarien und die Türkei (Alternativrouten führen entweder noch über Griechenland oder über Rumänien)
  2. Blaue Pfeile oder Aufkleber mit dem Logo weisen den Weg (mittlerweile ist er komplett beschildert)
  3. Teilweise orientiert sich der Trail an bereits bestehenden Wegen (E8 und der Donauradweg)
  4. Übernachtungsmöglichkeiten sind kein Problem… Zeltplätze, Hostels, Herbergen, Pensionen, Couchsurfing, Privatpersonen – wir fanden überall einen Platz zum schlafen
  5. So wenig Gepäck wie möglich! (Als Richtwert gilt max. 20% des Körpergewichts)
  6. Die beste Reisezeit ist von Frühling bis Herbst
  7. Den Pilgerpass kannst du dir in Herbergen, Gotteshäusern und anderen öffentlichen Gebäuden abstempeln lassen